© Lothar Pöhlitz* - 10. Juni 2020 – Das kardiovaskuläre System, das komplexe Bluttransportsystem des menschlichen Körpers besteht aus dem Herzmuskel, den Blutgefäßen und dem großem Leitungssystem in dem für Läufer der benötigte Sauerstoff zur Laufmuskulatur transportiert wird. Die alles entscheidende Sauerstoffversorgung wird begrenzt von der Stärke und Funktionsfähigkeit der „Pumpe", der Blutmenge die das Herz in einer bestimmten Zeit anforderungsgerecht zu transportieren vermag (Herzfrequenz, Schlagvolumen) und der möglichen Fließgeschwindigkeit des Blutes. Um das Gesamtsystem auf Hochleistungsansprüche von Mittel- und Langstrecklern vorzubereiten muss es rechtzeitig entwicklungswirksam beansprucht werden. Das erfordert früher für einen starken Motor & einen großen Tank voll Supersauerstoff zu „trainieren"
„Je größer das Herzminutenvolumen ist, desto mehr Blut und damit auch Sauerstoff gelangt zur Arbeitsmuskulatur. Das HMV ist eine limitierende Größe für die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) und stellt damit eine entscheidende Größe für die Ausdauerleistungsfähigkeit dar“ (Dr. Kurt Moosburger 10/1994)
„Zur Sauerstoffaufnahme gehören die sauerstoffaufnehmenden-transportierenden und -verwertenden Teilsysteme:
- die Sauerstoffaufnahme mit der Atemluft und der Lunge
- die Sauerstoffbindung an die Erythrozyten im Blut
- der Transport des Sauerstoffs im Hämoglobin
- die Abgabe an das bedürftige Gewebe, die Muskeln und Nutzung zur Energiegewinnung
Die repräsentative Messgröße für die Leistungsfähigkeit der Sauerstofftransportkette bzw. des maximalen aeroben Energiedurchsatzes ist die maximale Sauerstoffaufnahme. Die V02max gilt international als zuverlässiges Maß für die maximale aerobe Leistungsfähigkeit" (Hottenrott / Neumann 2010)
Die mit Sauerstoff möglichst „hoch" beladene Blutmenge, die in der Arbeitsmuskulatur eines Läufers ankommen soll, ist die wohl bedeutendste Voraussetzung für Leistungen im Mittel- und Langstreckenlauf.
Sie ist abhängig von der Herzleistungsfähigkeit (Herzgröße, Herzfrequenz, Schlagvolumen, Durchmesser der Gefäße, Viskosität des Blutes) und wie gut und leicht das Blut durch das Leitungssystem auf dem direkten Weg zu den in den unterschiedlichsten Intensitäten arbeitenden ST- bzw. FT - Muskeln fließt, auch ganz unten zu den Füssen und ganz oben zum Gehirn.
„Viel" moderates Ausdauertraining wirkt am besten auf die Anpassungen im kardiovaskulären System, dafür muss man nicht nur laufen. Das Herz wächst mit seiner auch zeitlichen Beanspruchung. In deren Ergebnis sinken allmählich die maximale Herzfrequenz (HFmax) und die Ruheherzfrequenz. Das Schlagvolumen steigt vor allem bei denen die auch „viele leichte Kilometer sammeln".
Längere submaximale Belastungen auch in anderen Sportarten (Ausdauerspiele, Dauerschwimmen, Radtouren, Skiken, Skiroller o.ä.) unterstützen diesen Prozess. Das bedeutet das im Schüler- und Jugendlauftraining wieder mehr über Trainingsumfang und Herzleistung nicht nur gesprochen werden muss. Für junge Läufer helfen Informationen über die Rolle leichter Dauerläufe immer länger mit hin und wieder mittleren DL2 - Abschnitten oder leichten Fahrtspielen (zunächst von 10 zu 20 Minuten hin entwickeln, aber technisch gut und ökonomisch) zur Herzleistungsentwicklung.
4 Herzfrequenzbereiche entwickeln das Herz-Kreislaufsystem
Um das Herz-Kreislaufsystem zu „trainieren“ erfordert in allen Altersbereichen von Mittel- und Langstreckenläufern die Nutzung der 4 Herzfrequenzbereiche. Schon mit einfachen Pulsmessern kann man die individuelle Herzfrequenzstatistik aufbauen und im Training die Geschwindigkeiten nach der HF steuern. Dazu misst man zuerst die Ruheherzfrequenz am Morgen, am besten im Bett, ermittelt die Belastungsherzfrequenz nach grenzwertigen hohen Intensitätsprogrammen und die Erholungsherzfrequenz (HF nach 1´ / 2´ / 3´ / 5´ und 15´) als wichtige Steuergrößen mit dem Ziel möglichst treffsicherer Vorgaben für die unterschiedlichsten Trainingseinheiten. Beachten muss man das sich mit steigender Leistungsfähigkeit oder auch nach Krankheiten die Herzfrequenzen in Ruhe oder nach Belastungen verändern. In den Wochen / Monaten sinkende Herzfrequenzwerte wiederspiegeln die steigende Leistungsfähigkeit im entsprechenden Trainingsbereich.
Die Ausbildung eines „Sportherzens“ muss möglichst früh beginnen, weil die späteren physiologischen Leistungsvoraussetzungen, die durch vielfältige Belastungen ausgebildet werden, von höchster Wichtigkeit für Spitzenleistungen im Mittel- und Langstreckenlauf sind.
Herzfrequenzen sind individuell und dürfen nicht mit denen
anderer Sportler verglichen werden.
Innerhalb eines längerfristigen Belastungsaufbaus (auch im Nachwuchsleistungstraining, und für Senioren), sollte sich das Training an den 4 folgenden Herzfrequenz-Belastungsstufen orientieren:
- Stufe
Herzfrequenz bis 130-150 Schl. / min. Aerobes Ausdauertraining (DL-1) – Aufbau der aeroben Basis, der Herzgröße und der Herzleistungsfähigkeit durch Training nach der Dauerleistungsmethode immer länger. Das Ziel besteht in der systematischen Verlängerung des Dauerlaufs in diesem Herzfrequenzbereich bis zum „Long run“ zum Aufbau des Fettstoffwechsels oder auch als kurzer Regenerations-DL (DL-R) um 30-45 Minuten Dauer.
- Stufe
Herzfrequenz bis 150-165 Schl. / min. Aerobes Ausdauertraining als anspruchsvolles Dauerlauftraining (DL-2), z.B. auch 2 x 15 - 20 Minuten mit ~ 5 Minuten Laufpause hin und zurück, dabei darf die Rückstrecke bei steigender Leistungsfähigkeit auch etwas schneller sein. Auch variables Dauerlauftraining im Gelände (auch profiliert) oder Fahrtspiele (mit langen Teilstrecken) und „mühelos -Intervalltraining“ (TL1) im aerob-anaeroben Übergangsbereich werden in diesem HF-Bereich absolviert. Die Tempoläufe sollten oberhalb 2 Minuten beginnen und allmählich bis zu 7 Minuten an der oberen HF-Grenze (auch einmal bis 170 Schl. / min.) aufgebaut werden (z.B. auch 50 – 60´ FS mit 4-6 x 5 Minuten) Dabei sollen sich die langsamen Laufpausen (bis ~ 120 Puls absinken) in etwa an der Hälfte der Laufzeit bis zur Laufzeitdauer orientieren Die Länge der Pausen und ihre Geschwindigkeit werden in erster Linie vom Niveau der aeroben Basis (Stufe 1) bestimmt. Die Dauer der TE oder die Anzahl der möglichen Wiederholungen ist von der Einhaltung des HF-Bereiches stark abhängig. Nicht das Alter der jungen Langstreckler bestimmt die Anzahl der Wiederholungen, sondern das individuelle Leistungsniveau.
- Stufe
Herzfrequenz >165-180 Schl. / min.: Aerob-anaerobes Tempo-Dauerlauftraining (DL-3 / TDL), Intervalltraining und lange Tempoläufe zwischen 1000 - 3000 m. Dieser HF-Bereich wird mit kurzen (200-300 m) oder / und mittleren (400-600 m) Intervallen als auch mit langen Strecken jenseits der 1000 m als aerob-anaerobes Qualitätstraining eingesetzt. Der nächste Lauf wird gestartet, wenn die Herzfrequenz auf den Bereich um 120-130 Schl. / min abgesunken ist. Die Pausen können als Trabpausen oder als kombinierte Geh-/Trabpausen (z. B. 100/200 m Gehen + 100/200 m Traben) gestaltet werden. Mit zunehmendem Leistungsfortschritt sollen die Pausen verkürzt werden. In diesen Belastungsbereich sind auch Berganläufe, Fahrtspiele mit kurzen, schnelleren Läufen, Tempodauerläufe oder z.B. ein ansteigender DL auf der Bahn einzuordnen.
- Stufe
Herzfrequenz >185-210 Schl. / min.: Schnelligkeits-, Beschleunigungs- Tempolauf- und Tempowechseltraining (TL-2/3). Eine Orientierung auf ein komplexes Qualitätstraining beginnt bereits für junge Talente. Für sie werden zunächst Geschwindigkeiten oberhalb der bis zur Stufe 3 absolvierten Geschwindigkeiten auf kurzen Strecken (100 m – Technikläufe als SA-Training) mit Gehpausen angestrebt, die zunehmend verkürzt und schneller werden sollen. So kann z.B. ein Programm von 4–10 x 50-60 m a. d. HST (als Beschleunigungstraining) das Endziel sein. Sprintprogramme (6-10 x 20-40 m submaximal mit ausreichenden Gehpausen) vor solchen oder anderen Tempolaufprogrammen ergänzen die Vorbereitung auch junger Langstreckler auf die Aufgaben von Morgen.
Tempowechselläufe im Streckenbereich zwischen 150 m-250 m (z.B. 180 m: 30-30- 40-40-40 m) und Tempoprogramme (TL-2 / TL-3) zur Entwicklung der speziellen Ausdauer (für 5000 m / 3000 m Hi / 10000m) werden in den individuellen Wettkampfherzfrequenzen angestrebt.
Trainingsbelastungen in der Stufe 4 dienen auch der erforderlichen Weiterentwicklung der Willensqualitäten, dem Aufbau der mentalen Stärke in Wettkämpfen und zur Sicherung der Transformation von Trainings- in Wettkampfleistungen. Für die Überwindung subjektiv erfühlter Ermüdungserscheinungen sind wettkampfnahe Trainingsumfänge aufzubauen, d.h. positive Erfolgserlebnisse mit psychischen Grenzbelastungen im Training oder auch durch Trainingswettkämpfen bei 90-95 % vom Zieltempo.
Die individuell höchste Herzfrequenz kann in einer Leistungsdiagnostik oder stellvertretend mit einem „kurzen harten“. Tempolauf-Programm (z.B. 3 x 400 m mit 90“ - 2´ Pausen grenzwertig) ermittelt werden.
Mehr Wissen ums Sportherz nach Dr. Kurt A.Moosburger
(www.dr-moosburger.at (SPORTMAGAZIN Okt. 1994))
„Das Sportherz ist ein gesundes, vergrößertes Herz als Ergebnis einer sinnvollen Anpassung an eine vermehrte Dauerbelastung bei regelmäßigem Ausdauertraining.
Hochleistungs-Ausdauersportler haben oft das doppelte Herzvolumen als das von Normalpersonen.
Die Ruhe-Herzfrequenz kann bei Spitzen-Ausdauerathleten bis unter 30 Schläge pro Minute sinken. Das Sportherz hat aufgrund seines vergrößerten Herzvolumens eine größere Schlagvolumen-Reserve (“Hubreserve“), wodurch es ein größeres Herzminutenvolumen erreichen kann (HMV = SV x HF)
Je größer das HMV, desto mehr Blut und damit auch mehr Sauerstoff gelangt zur Arbeitsmuskulatur (VO2).
Ein Sportherz bildet sich nach Beenden des regelmäßigen Ausdauertrainings wieder zurück“
--------------------------------------------------------------------------------------------------------
*Alle LCA-Artikel von 2006 – 2020 finden Sie im LCA-Archiv
(www.la-coaching-academy.de/Trainingslehre)
© Lothar Pöhlitz 2006-2020
www.la-coaching-academy.de / Trainingslehre